Optimierung der Q30

Bis gegen Ende der Saison 2014 waren wir vornehmlich mit der Quant30 beschäftigt. Ein neues Boot kennenzulernen und optimal einzustellen, Segelschnitte zu optimieren und Änderungen am Layout vorzunehmen kann ein zeitaufwändiger Prozess sein.​

2015
2016

Die Q30 wurde schneller, obwohl sie schon bei den ersten Einsätzen das lieferte, was wir von ihr erwarteten. Das Boot gefiel sehr gut – optisch wie auch unter Segeln. Trotzdem ertappte ich mich in gewissen Momenten beim Gedanken, dass die 30er doch nicht ganz an die Quant28 herankam – das Rohe, manchmal fast Gewalttätige der Q28 vermisste ich an der grossen Schwester ein wenig. 

Es lag vielleicht daran, dass einem die Quant28 im Gegensatz zur 30er ab und zu das Gefühl vermittelte (fast) zu fliegen. Das Boot war leichter als die Q30, der Foil wirkte brachialer und in der Kombination äusserte sich das in höherer Beschleunigung und einem lebendigeren Verhalten.

Parallel dazu nahm u.a. ausgelöst vom dramatischen aber auch attraktiven Verlauf des 34. America’s Cup im September 2013 in San Francisco die Diskussion um voll-foilende Boote Fahrt auf. Es wurde vielen klar, dass auch Foiler, die in einer ganz anderen Speed-Welt zuhause sind, attraktive, enge und somit auch spannende Regatten lieferten.

In meinem Kopf formte sich als Resultat dieser diversen Einflüsse zusehends die Frage, wie es ausgehen würde, wenn man einem Boot wie der Quant28 leicht grössere und anders geformte Foils spendieren würde.

Mit anderen Worten trieb mich die Frage um, ob und wie ein voll-foilender Monohull aus dem Bestehenden heraus entwickelt werden könnte.

An welchem Datum ich – nach Rücksprache mit Max Schmid meinem Gründungspartner – mit Hugh Welbourn zum erstenmal über einen foilenden Monohull sprach, weiss ich heute nicht mehr. Es muss im Früh-Sommer 2014 gewesen sein. Ich brachte mein Anliegen vor und wartete gespannt auf Hugh’ Reaktion.

Und diese verblüffte mich einmal mehr: «No problem» war die kurze Antwort.
Wir vereinbarten einen nächsten Gesprächstermin, weil ich mir noch ein paar Gedanken zu diesem nicht gerade alltäglichen Projekt machen wollte.

Für dieses Boot, dass kurz nach seinem Debut in der Segelwelt für Aufsehen sorgen sollte, schrieb ich das mit Abstand das kürzeste Briefing seit ich mit Booten zu tun habe.

Es füllte nicht mal eine A4 Seite und ich beschrieb darin bloss das, was ich von dem Boot erwarte – immer verbunden mit der Frage nach der Machbarkeit.
Das Briefing enthielt also keine Angaben über die Grösse, Rumpfform, Gewicht, Segelplan, Crewgrösse etc.

Praktikabilität: Tauglichkeit für gute Freizeitsegler, einfaches Handling, stabil genug, um es an einer Boje zu vertäuen, slippen über Rampe, Mast stellen von Hand, finanziell erschwinglich etc.


Performance: Eigenstabiles Foilen, abheben bei möglichst wenig Wind. Das Boot sollte schon bei 10kts Wind auf den Foils gegen den Wind aufkreuzen können und unter Berücksichtigung dieser Anforderungen so gross wie möglich werden (intuitiv dachte ich an ein Boot von 6.8m Länge).


Vielseitigkeit: Das Boot sollte auch bei wenig Wind gute Leistungen zeigen (die Foils müssten also vollständig einziehbar sein, um übermässigen Widerstand zu vermeiden).

Mitte August 2014 kriegte ich von Hugh Welbourn die ersten Skizzen und renderings.
Die erste wirkliche Überraschung für mich war die von ihm gewählte Bootsform: Aufgrund meiner Anforderungsliste gab er einem klassischen «Scow-Design» den Vorzug.

Ich war völlig verblüfft, weil ich – ohne darüber nachzudenken – weit eher an eine Art Skiff gedacht hätte. Welbourns Berechnungen ergaben eine Länge von 7.08m, ein bisschen mehr als 23 Fuss. Mit Scow Shapes sind wir in Europa (im Gegensatz zu Australien und den USA) wenig vertraut – und wir denken noch am ehesten an die «hässlichen» Mini Transat 6.50 mit ihren stumpfen Formen im Bugbereich. Nichtsdestotrotz waren sie jedoch rasch erfolgreich.

Einmal versehen mit ein paar Informationen zu den Eigenschaften von Scows, konnte ich Hugh’ Vorschlag nachvollziehen und verstehen.

In der Fachsprache der Designer nennt man solche fliegenden Einrumpfboote «Monomarane» – physisch klar Einrumpfboote, welche dank ihrer Breite und der (von oben gesehen) rechteckigen Form über eine Formstabilität verfügen, die näher bei einem Katamaran liegt als bei einem Einrumpfboot. Sobald die Foils zum Einsatz kommen – und in Lee am Foil Auftrieb generiert wird – akzentuiert sich diese Verwandtschaft noch. 

Ausserdem überwindet eine leichte Scow ihre «Rumpfgeschwindigkeit» sehr früh und schlittert mehr als sie gleitet fast ohne Wellenbildung übers Wasser. Ausgezeichnete Voraussetzungen, um rasch die notwendige Geschwindigkeit von ca. 9kts Speed für einen frühen «take off» zu erreichen.

Anfangs Dezember 2014 war Baubeginn für den Prototyp – wiederum in Cowes in Paul Jennings Werft. Bis wir alles beisammen hatten (der Mast wurde von C-tech in Auckland gebaut, Foils und Flossen kamen von «Isotop» in Frankreich, die Segel von Landenberger in Deutschland und Beschläge von Ronstan in Australien usw.) dauerte es länger als geplant – wir waren bei diesem Projekt jedoch schon erfahren genug, um darüber nicht erstaunt zu sein.

Ein halbes Jahr später, am 8. Juni 2015 war es soweit: Vor Cowes auf der Isle of Wight absolvierte die Quant23 nicht nur ihre «Jungfern-Fahrt» sondern auch ihren «Jungfern-Flug». Das deutsche Magazin «Yacht» zitierte mich dazu später so: «Wir fuhren da einfach aus dem Hafen raus, senkten den Lee-Foil ab und schwupp, kam die Kiste auch schon aus dem Wasser. Ganz so als hätten wir das schon hundert Mal gemacht.». Und so war es auch.

Wir rissen an diesem Tag noch den Ruderfoil ab – zum ersten aber nicht zum letzten Mal – das war aber nur eine Randnotiz und ein Hinweis darauf, dass «Foilen» einfach ein bisschen «anders» ist als konventionelles Segeln.

Im Sommer 2015 wurde die Quant23 ein beliebtes Testobjekt und es gab es viele ausgelassene Kommentare von begeisterten Testpiloten verschiedenster Fachpublikationen.

Das sprachlich sonst eher zurückhaltende «Yacht» das grösste europäische Segelmagazin aus Deutschlands Norden schrieb Bildlegenden wie:
«Vollgasmodus bei über 23 Knoten Speed – dafür gibt es nur einen Ausdruck: Geil! »

Seahorse International Sailing titelte:
«Anticipating the future?» (Vorwegnahme der Zukunft?)

Das deutsche Online Magazin «Segelreporter» nannte die Q23
«Objekt der Begierde».

Im Herbst 2015 wurden wir – nach dem offiziellen Meldeschluss – zur Teilnahme am «European Yacht of  the Year Award» eingeladen oder aufgefordert und profitierten auch hier vom exotischen Aussehen des Bootes, das für viele Fachleute erstaunlicherweise auch anstandslos lieferte, was von ihm erwartet wurde.

Die Quant23 – noch immer ein Prototyp – wurde im Januar 2016 anlässlich der «Boot» in Düsseldorf zum Boot des Jahres 2016 in der Division «Special Yachts» gekürt.

Bereits wenige Jahre nach Erscheinen der Quant23 sehen wir immer mehr unterschiedlichste Interpretationen von Scow-Shapes, sei es bei der Imoca 60-Klasse oder den Yachten des 36. America’s Cup. Alle nutzen sie die Vorteile des «Monomaran-Prinzips»:

Breiter, rechteckiger und formstabiler Rumpf unterstützt von lateralen (seitlichen) «Lifting-Foils» – wie sie auch bei der Q23 eingesetzt werden. Sie heben das Boot nicht nur aus dem Wasser heraus, sondern erzeugen in Lee des Bootes gleichzeitig ein gigantisches aufrichtendes Moment (Righting Moment).

Mit der Quant23 hat Hugh Welbourn «im Auftrag von QuantBoats» Segelgeschichte geschrieben, wie man in der Fachpresse und in Online-Magazinen nachlesen konnte.

Klar ist, dass die Quant23 in gewisser Weise Dämme gebrochen hat: Es ist nicht so, dass andere Designer oder Gruppierungen die Idee Foils in dieser Art zu nutzen, nicht auch gehabt hätten. Wir waren einfach die ersten, die bewiesen haben, dass es funktionieren kann – und zwar ziemlich gut.

Zur Verblüffung trug auch bei, dass die Q23 über einen Kiel mit 60kgs Ballast verfügt – was dazu führte, dass sie fortan als «erstes voll-foilendes Kielboot» gilt.

Wir beschlossen, das Boot zu produzieren. Im Frühjahr 2017 lief das erste – gegenüber dem Prototyp modifizierte – Serienboot der Q23 vom Stapel.
Die Erfahrungen belegen das universelle hohe Leistungspotentials des Konzeptes. Wer sich dem Boot verschreibt, es versteht und die Leistung mit Hilfe einer guten und fitten Crew abrufen kann, räumt auf den Revieren kräftig ab, für die das Boot entwickelt wurde. Und zwar wie kein anderes QuantBoat vorher – und die sind ja annerkanntermassen ebenfalls ziemlich flink.

Bis dato wurden 12 Boote gebaut. Das wirkt nicht gerade berauschend. Was sind die Gründe für die Zurückhaltung bei den potentiellen Interessenten? Der Preis kann es nicht sein, da die Q23 gemessen an der Leistung fast ein «Schnäppchen» ist. An einer fehlenden Bekanntheit kann es auch nicht liegen.

Ich vermute, dass selbst ein Foiler, der ganz bewusst für erfahrene Amateure und nicht für Profis entwickelt wurde, immer noch ein sehr anspruchsvolles Gerät ist, welches man nicht so nebenbei betreiben kann, wie ein konventionelles Sportboot in derselben Grössenkategorie.

Es wird deshalb sehr spannend zu beobachten sein, wie sich das Segment der foilenden Boote für «normale Segler» in der näheren Zukunft entwickeln wird.

Die Anfänge sind jedenfalls gemacht. Die Frage ist, ob grosse Hersteller Foiler für den «Massenmarkt» industriell herstellen werden und wenn ja, in welcher Form und ab welchem Zeitpunkt?

Wir haben die Quant23 nie als reinen Foiler gesehen. Wenn man ausschliesslich auf Revieren mit leichten bis sehr leichten Winden segelt – oder aber in böigen unberechenbaren Verhältnissen – wäre ein Boot, welches «nur» foilen kann, keines, das lange Freude bereiten könnte.

Das Konzept der Quant 23 ist richtungweisend.

Es ist bereits von der Idee her so angelegt, dass es auch in «non-foiling» Verhältnissen, so gut oder sogar noch besser segelt, als ein vergleichbares, konventionelles Boot.
Die Überarbeitung des Prototyps, der u.a. auch einen überarbeiteten Foilshape beinhaltete, erzeugte weit mehr Vorteile und Möglichkeiten als wir uns erhoffen konnten.

Die Quant23 ist heute (2021) immer noch das einzige Boot weltweit, welches sich in allen vier bekannten Segelmodi zuhause fühlt:  Sei es im Verdrängungs-, Gleit-, Semi Foiling- oder Full-Foilingmodus – die Quant23 beherrscht sie alle.

So gesehen werden die Journalisten, welche der Meinung sind, dass dieses Boot Segelgeschichte schreiben wird, wohl recht behalten.
Zur Zeit ist Foiling jedoch «der» Hype und alles andere interessiert wenig. Das wird sich wahrscheinlich im weiteren Verlauf relativieren. Und alle die davon ausgehen, dass Foilen jedes Leistungsproblem löst, werden entdecken, dass dieses Prinzip auch ineffizient sein kann: Zuviel oder zuwenig Wind, falsche Windrichtung hinsichtlich eines zu erreichenden Ziels, Wellenbild etc.

Wenn dann ein Boot keine Segel-Modus-Alternative zur Verfügung stellt, wird es am Ende gegen flexiblere Konzepte verlieren. Das Konzept der Quant23 verhindert dies. Und sicher könnte das Boot auf der Basis seine Konzeptes weiter verbessert werden. Ideen hierzu sind vorhanden. 

Stellen Sie sich einmal vor, das «Liga-Segeln» würde mit Booten betrieben, welche die Merkmale und Eigenschaften einer Q23 aufweisen. Ein Trend zu solchen Konzepten scheint zu bestehen. Die Frage ist, ob Verbände, Clubs und andere Institutionen im internationalen Segelsport diesen sehen und darauf reagieren wollen und können? Ohne Unterstützung von Sponsoren und Boots-Industrie allerdings, wird es kaum gehen.

Das erste Rendering, das wir von Hugh Welbourn erhalten haben, zeigt einen reinen Scow-Shape, der eine sehr stabile Plattform bietet und rasch ins Gleiten kommt.
Während der weiteren Entwicklungsarbeit zeichnete sich immer mehr die Erscheinung des späteren Bootes ab.
Der Prototyp im Bau: Man sieht gut, wie viel «Statik» im Boot eingebaut werden muss.
Das Layout haben wir direkt auf dem Boot kreiert.
Am 8. Juni 2015 war es soweit. Vor der «segelgeschichtsträchtigen» Kulisse vor Cowes auf der Isle of Wight absolvierte die Quant23 ihre ersten Flüge.
Im Januar 2016 anlässlich der «Boot» in Düsseldorf – nach den Testsegel-Events in Italien – wurde die Quant mit einem European Yacht Award (Special Yachts) ausgezeichnet.
Viele Artikel erschienen in der Folge in den europäischen Segelzeitschriften.
2016 wurde die serielle Produktion des Bootes vorbereitet…
…und im Frühjahr 2017 - bei schlechtestem Wetter- brachten wir das erste Serienboot zu Wasser
Das Bild zeigt «Apivia», zweitplatzierte Yacht der «Vendee Globe Regatta 20/21». Sie ist ein Semifoiler und eine Scow…
…genaugleich wie auch die voll foilende «Britannia» (Boot Nr. 1) des britischen Challenger für den 36.th America’s «Team Ineos».
Das Bild zeigt eines der auffälligsten Boote der Quant23 Klasse anlässlich des Quant-Camps 2017 in Malcesine (Gardasee)
Wir freuen uns über Deine Fragen

Das Thema «Foils» ist für viele noch sehr neu – gerne geben wir Dir unser Wissen und unsere Erfahrung weiter.