In einer meiner vielen Segelzeitschriften fand ich im Sommer 2008 ein Bild, das mich elektrisierte und das man auch sofort verstand: Jemand hatte offenbar die Idee anstatt Stabilität mit (viel) Blei im Kiel zu erzeugen, einen lateralen (seitlich abstehenden) Flügel oder Foil zu nutzen, um in Lee des Bootes Auftrieb zu generieren und diesen als Aufrichtendes Moment (RM = righting moment) einzusetzen.
Ein einziehbarer Foil, den man nur einsetzte, wenn aufrichtendes Moment gefragt ist, war ein Vorschlag, der mich faszinierte und über den ich unbedingt mehr wissen wollte. Ich war ganz aus dem Häuschen, weil ich hoffte, dass damit ein Boot mit zwei grundsätzlich verschiedenen Charakteristiken in Reichweite lag:
Für leichte Winde braucht es kein RM. Wichtig ist ein möglichst leichtes Boot mit minimalem Widerstand und viel Segelfläche. Der Foil verschwindet im Boot oder wird nach Luv – in die Luft – geschoben.
Und für mehr Wind ein ebenso leichtes Boot, welches dank dem Foil in Lee aber trotzdem stabil sein würde. Je mehr Fahrt das Boot macht, desto mehr RM liefert der Foil und zwar in einem Mass, welches mit konventionellen Ballastkielen nicht zu erreichen ist.
Zugegeben – auf diese grundsätzlich simple Idee, hätte ich auch selber kommen können. Ich sollte aber bald lernen, dass nur die Grundidee simpel ist, der Rest hingegen hochkomplex.
«Dynamic Stability System» oder kurz «DSS» verspricht nichts anderes als «Stabilität wenn man sie braucht».
Dank Internet dauerte es nicht lange bis ich den Erfinder und Entwickler von DSS fand. Sein Name Hugh Welbourn, ein britischer Yachtdesigner mit America’s Cup Vergangenheit, einem Riesen-Netzwerk und entsprechendem Know-How.
Statistisch gesehen segelten wir unsere Regatten im Sommerhalbjahr zu 80% im Bereich unter 7kts Windgeschwindigkeit. Zumeist ist Stabilität also das letzte was man braucht. Weil da aber immer noch die restlichen 20% mit mehr Wind waren, würde der Foil unsere Versicherung und unser „Turbo“ sein.
Als neugieriger und kommunikativer Mensch teilte ich meine Entdeckung mit einigen Segelkollegen und -freunden um ihre Meinung kennenzulernen. Zu meiner Überraschung (ich war wohl auch ein bisschen naiv) stiess ich mehrheitlich auf Desinteresse oder gar Ablehnung. Die negativen Reaktionen haben mich jedoch nicht verunsichert sondern eher motiviert ein Sportboot mit dieser Einrichtung zu entwickeln. Das fiel mir umso leichter, als einer meiner besten Freunde von der Idee genauso fasziniert war wie ich. Max Schmid (damals Inhaber und Geschäftsführer von Bucher&Schmid in Luzern) wurde mein Partner und wir gründeten zusammen QuantBoats. Heute teilen Max und ich uns die tägliche Arbeit.
Im August 2008 lud uns Hugh ein, mit ihm zusammen, einen DSS-Testträger von 27’ Länge in der Nähe von Gibraltar zu testen. Wir flogen hin und erlebten DSS erstmals live. Ansatz und Umsetzung überzeugten uns, weil wir sahen, dass es funktioniert. Dass wir damit im Handstreich die Segelwelt verändern würden, haben wir uns nie eingebildet. Das Risiko zu scheitern war gegeben und wir kalkulierten diese Möglichkeit ein.
Das Abenteuer konnte beginnen. Einige tausend e-mails und fast drei Jahre später brachten wir die Quant28 in Luzern zu Wasser und gewannen damit gleich am ersten Weekend die erste Regatta – sozusagen «out of the box». Es war allerdings ein steiniger Weg, bis es soweit war.
Die DSS-Story begann bereits lange, bevor wir in Gibraltar mit der DSS 27’ in Berührung kamen. Der erste Test mit einem umgebauten australischen Sportboot mit der Bezeichnung «Boatspeed 23» fand in Brisbane (AUS) statt – in aller Heimlichkeit und ca. zwei Jahre bevor wir Hugh kennenlernten.
Dem Boot wurde nur auf einer Seite ein Foil angeklebt und mit dem einen Ausleger (Trampolin) am Boot verbunden, um die Kräfte, welche der Foil entwickelt, besser auf das Boot zu übertragen.
Bereits beim ersten Test, konnte die Crew erleben, was in der Realität passiert: Bei einer gleichmässigen Thermik von 10 bis 11 kts machte das Boot auf dem Schlag ohne Foil 9 kts Fahrt, mit dem Crewgewicht ganz in Luv. Nach der Wende – der Foil arbeitete nun in Lee des Bootes – und bei identischen Windbedingungen stieg der Speed auf 12 kts und die Crew rückte in die Bootsmitte.
Nach einer Weile nahm der Wind kurzzeitig auf ca. 14 – 15kts zu. Das Boot beschleunigte und das GPS zeigte für kurze Zeit 16kts Fahrt. Bei dieser Gelegenheit verabschiedete sich der Foil – er riss einfach ab. Die Leute auf dem Begleitboot konnten beobachten, dass der Rumpf des Bootes im letzten Moment vor dem Verlust des Foils ganz aus dem Wasser gehoben wurde, sodass man für einen Augenblick unter dem Boot hindurchschauen konnte.
Das Thema «Foils» ist für viele noch sehr neu – gerne geben wir Dir unser Wissen und unsere Erfahrung weiter.